Kurz gesagt: Die Hämodynamik beschreibt die Dynamik des Blutflusses im Kreislaufsystem. Ein zentraler Parameter ist das Herzzeitvolumen (HZV, engl. Cardiac Output, CO) – also die Blutmenge, die das Herz pro Minute in den Kreislauf pumpt. Es entscheidet wesentlich darüber, wie gut Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden und ist damit ein Schlüsselindikator für Herz-Kreislauf-Gesundheit.
Was bedeutet Hämodynamik?
Hämodynamik umfasst den Zusammenhang von Blutfluss, Druck und Widerstand in Gefäßen. Nach den Grundprinzipien (u. a. Poiseuille-Gesetz) wird der Fluss vor allem durch den Gefäßradius bestimmt: Kleine Änderungen im Gefäßdurchmesser bewirken große Änderungen im Flusswiderstand – ein Kernmechanismus der Blutdruck- und Perfusionsregulation.
Herzzeitvolumen: Definition & Formel
Das Herzzeitvolumen ist das Produkt aus Herzfrequenz (Schläge/Min.) und Schlagvolumen (ml pro Schlag): CO = HF × SV
. Alternativ lässt sich CO über das Fick-Prinzip bestimmen, das Sauerstoffaufnahme und arteriovenöse O2-Differenz nutzt (CO = VO2 / (CaO2 − CvO2)
). :
Normwerte, Herzindex & physiologische Bandbreite
- Herzzeitvolumen (Erwachsene in Ruhe): typischerweise etwa 4–8 L/Min.
- Herzindex (CI): CO bezogen auf die Körperoberfläche; Normalbereich ≈ 2,5–4,0 L/Min/m². Werte < 2,2 L/Min/m² gelten (mit/ohne Unterstützung) als kritischer Hinweis auf kardiogenen Schock. Bei Spitzenleistung können trainierte Athlet:innen CO-Werte bis ~40 L/Min erreichen.
Die wichtigsten Einflussfaktoren auf das HZV
Das Schlagvolumen – und damit das HZV – wird vor allem durch drei Größen bestimmt:
- Vorlast (Preload): Füllung des Ventrikels am Ende der Diastole. Nach dem Frank-Starling-Mechanismus erhöht eine größere Füllung bis zu einem Punkt die Kontraktionskraft.
- Nachlast (Afterload): Druck/Widerstand, gegen den das Herz auswerfen muss (u. a. Gefäßtonus).
- Kontraktilität: intrinsische Pumpkraft des Myokards, unabhängig von Vor-/Nachlast. :contentReference[oaicite:4]{index=4}
Zusätzlich wirken Herzfrequenz (z. B. bei Fieber, Stress, Medikamenten), Füllungszeit (zu hohe HF verkürzt die Diastole) sowie der venöse Rückstrom (Hydratation, Körperlage, Atemmechanik) auf das HZV ein.
Wie wird das Herzzeitvolumen gemessen?
1) Fick-Prinzip
„Goldstandard“ in der Physiologie: CO aus O2-Uptake und arteriovenöser O2-Differenz. Exakt, aber klinisch aufwendig (Blutgas-Proben, O2-Verbrauch).
2) Thermodilution (Pulmonaliskatheter)
Ein definierter Volumenbolus (andere Temperatur) wird in den rechten Vorhof injiziert; aus der gemessenen Temperaturkurve in der Pulmonalarterie wird CO berechnet. Verfahren ist etabliert (auch kontinuierlich möglich) und praxistauglich am Bett. Grenzen: invasiv, Messvariabilität bei Technikfehlern oder stark veränderter Zirkulation.
3) Puls-Konturanalyse (arterielle Druckkurve)
Weniger invasiv: CO-Schätzung aus Form der arteriellen Druckkurve (z. B. FloTrac/Vigileo, PulsioFlex, PiCCO mit Kalibrierung). Gut zum Trend-Monitoring, absolute Genauigkeit kann je nach Kreislaufsituation variieren.
4) Weitere Verfahren
Echokardiographie/Doppler (SV × HF), Indikator-Verdünnung, Bioimpedanz/Bioreaktanz. Auswahl richtet sich nach Fragestellung, Setting (OP, ICU, Ambulanz) und Risikoprofil.
Warum das HZV für die Gesundheit so entscheidend ist
- Organperfusion & Sauerstoffversorgung: Ein adäquates HZV sichert die O2-Zufuhr. Zu niedriges HZV führt zu Müdigkeit, Schwindel, Dyspnoe, Nierenfunktions-Einbußen u. a.
- Herzinsuffizienz: Reduziertes HZV trotz kompensatorischer Mechanismen (Neurohormone, Vasokonstriktion). Therapie zielt auf Vor-/Nachlast, Kontraktilität und Rhythmus.
- Schockzustände:
Hypovoläm & kardiogen → niedriges HZV;
distributiv (z. B. Sepsis) → HZV anfangs normal/hoch, aber Gefäßwiderstand stark vermindert;
obstruktiv (z. B. Lungenembolie) → Füllung/Auswurf behindert. Ein CI < 2,2 L/Min/m² ist häufig kritisch. - Blutdruckregulation: Arterieller Druck ≈ HZV × systemischer Gefäßwiderstand. Medikamente (Vasodilatatoren, Inotropika, Betablocker) steuern eine oder mehrere dieser Größen.
- Leistung & Training: Ausdauertraining erhöht Schlagvolumen & vagalen Tonus; in Belastung steigt HZV deutlich an (bei Spitzensport bis ~40 L/Min).
Einfluss im Alltag: Was steigert oder senkt das HZV?
- Steigern tendenziell: moderate körperliche Aktivität, ausreichende Hydratation, Training (höheres SV/Reserve), positive Inotropika (medizinisch indiziert), Fieber/Stress (HF-Anstieg, nicht automatisch „gut“).
- Senken tendenziell: stark erhöhter Nachlast (Hypertonie, Vasokonstriktion), Brady-/Tachyarrhythmien (ungenügende Füllung/Auswurf), Dehydratation/Blutverlust, Myokarddepression (z. B. Ischämie), bestimmte Medikamente (z. B. Betablocker).
- Besondere Situationen: Schwangerschaft (höheres HZV), hohes Alter (geringeres max. HZV), Lagewechsel (Orthostase), Atemmechanik (Druckbeatmung beeinflusst Vorlast).
Diagnostische & therapeutische Konsequenzen
In OP/Intensivmedizin unterstützt HZV-Monitoring die zielgerichtete Volumentherapie, die Vasopressor-/Inotropika-Steuerung und hilft, Perfusionsziele zu prüfen (z. B. Laktat-Clearance, Urinmenge). Trends sind häufig aussagekräftiger als Einzelwerte; Messverfahren sollten zur klinischen Situation passen (Invasivität vs. Präzision).
Praktische Take-aways
- CO = HF × SV: Herzfrequenz und Schlagvolumen sind die Stellhebel.
- SV wird durch Preload, Afterload, Kontraktilität geprägt – Vorlast nicht „blind“ erhöhen, Nachlast und Kontraktilität differenziert behandeln.
- Normbereiche kennen: CO ~4–8 L/Min; CI 2,5–4,0 L/Min/m²; < 2,2 kritisch.
- Messverfahren gezielt wählen: Fick (physiologisch exakt), Thermodilution (klinischer Standard bei PA-Katheter), Puls-Kontur (Trend, weniger invasiv).
- Lebensstil zählt: Ausdauertraining, Blutdruck-Management, Rhythmus-Kontrolle, ausreichend trinken – all das wirkt (direkt/indirekt) aufs HZV.
Weiterführende Informationen
Hinweis: Dieser Artikel dient der Information und ersetzt keine ärztliche Diagnose oder Therapie. Bei Beschwerden bitte ärztlich abklären lassen.